Kinderfeuerwehr - Gründung / 1. Gruppenstunde
Quelle Text / Bild: Landauer Neue Presse 28.10.2017 Michael Kronawitter
Die Feuerwehrhelden von morgen
Feuerwehr Reisbach gründet eine der ersten Kinderfeuerwehren im Landkreis – Kinder sollen frühzeitig für das Ehrenamt begeistert werden
Als zweiter Kommandant der Feuerwehr Reisbach ist es Peter Jobst gewohnt, Befehle zu erteilen und die aktiven Männer und Frauen der Wehr beim Löschen von Bränden oder bei der Verkehrssicherung nach schweren Unfällen zu koordinieren. Sein momentaner Einsatz ist für den 38-Jährigen eher ungewohnt: Es ist später Donnerstagnachmittag, und Jobst führt 13 Kinder durch das Reisbacher Feuerwehrhaus.
„Wer ist das?“, fragt Jobst die Kinder und deutet auf eine Figur in der Ecke des Gemeinschaftsraums, die eine mittelalterliche, rote Rüstung mit Helm trägt. „Ein Feuerwehr-Ritter!“, ruft die kleine Lisa-Marie. „Das ist der heilige Florian, der Schutzpatron der Feuerwehr“, klärt Jobst auf. Er lächelt. Vor ihm liegt noch viel Arbeit. Denn die 13 Kinder sind nicht zum Tag der offenen Tür bei der Feuerwehr, sondern zur ersten Gruppenstunde der neu gegründeten Reisbacher Kinderfeuerwehr. Einige von ihnen sollen irgendwann in ferner Zukunft die aktive Truppe der Feuerwehr verstärken.
Seit der Novellierung des Feuerwehrgesetzes im Sommer können Kinderfeuerwehren, also Gruppen für Kinder von sechs bis zwölf Jahren, an die öffentliche Einrichtung Feuerwehr angegliedert werden und sind somit über die Gemeinde versichert. Zuvor mussten die Kinder über den Feuerwehrverein versichert werden. Ein Risiko, das viele Wehren davon abhielt, Kindergruppen zu gründen. Die Reisbacher sind die ersten im Landkreis Dingolfing-Landau, die seit dieser Gesetzesänderung eine Kinderfeuerwehr gegründet haben.
Der Hintergrund ist einfach: Wie viele andere Feuerwehren in Bayern und Vereine im Allgemeinen tut sich auch die Feuerwehr Reisbach immer schwerer, eine ausreichend starke aktive Truppe zu stellen. Zur Nachwuchsgewinnung sollte eigentlich die Jugendfeuerwehr dienen, doch in die kann man erst mit zwölf Jahren eintreten. In diesem Alter sind aber viele Kinder bereits in anderen Vereinen aktiv, zum Beispiel in Sportvereinen. Die Feuerwehr Reisbach will deshalb mit ihrer Kindergruppe die Kleinen möglichst frühzeitig für das Ehrenamt interessieren.
Dass dieses Interesse vorhanden ist, zeigt sich schon bei der ersten Gruppenstunde. Die aufmerksamen Kinder unterbrechen Jobsts Führung durch das Feuerwehrhaus immer wieder mit Zwischenfragen. „Wie viele Feuerwehrleute habt ihr?“, fragt Markus. Es sind 50 Aktive. Jobst ist nun mit den Kindern in der Garage und deutet auf das Tankfahrzeug. „Da passen 2400 Liter Wasser rein, das sind zehn, zwölf Badewannen.“ „Wooooah“, rufen die ungläubigen Kinder. Am Heck des Tankfahrzeugs angekommen wollen die Kleinen auf die Leiter, doch Jobst bremst. „Wenn ihr in der Jugendfeuerwehr seid, dürft ihr rauf“, verspricht er.
Immer wieder müssen Jobst und die beiden Gruppenleiterinnen Verena Hein und Sabine Prinz die aufgeregten Kinder bremsen, die alles sehen, aber auch berühren wollen. Als Jobst das Blaulicht des großen Feuerwehrautos einschaltet, leuchten ihre Augen. „Die Kinder haben in dem Alter schon eine wahnsinnige Begeisterung für die Feuerwehr“, sagt Jobst.
Verena Hein und Sabine Prinz, deren Kinder Felix und Daniel auch in der Kinderfeuerwehr sind, bestätigen den Eindruck. Daniels Papa ist bei der aktiven Truppe, und auch Daniels Kumpel Felix war immer schon dabei, wenn die Feuerwehr Reisbach sich der Bevölkerung beim Maibaumaufstellen oder beim Hallenfest zum Michaeli-Markt zeigt.
Als zweiter Kommandant Peter Jobst die Idee zur Gründung einer Kinderfeuerwehr hatte, erklärten sich Verena Hein und Sabine Prinz deshalb schnell bereit, die Kinder als Gruppenleiterinnen zu beaufsichtigen und die Treffen zu leiten. „Wir waren immer schon Gönner der Feuerwehr“, sagt Verena Hein. Viele Kinder auf einmal zu beaufsichtigen ist für sie kein Problem, denn sie arbeitet als Erzieherin im Kindergarten.
Weil Verena Hein und Sabine Prinz aber keine aktiven Feuerwehrleute sind, ist bei den Treffen immer auch Peter Jobst und ein weiteres Mitglied der Truppe dabei, um den Kindern das Fachwissen zu vermitteln und Brandschutzerziehung zu betreiben. Beim nächsten Treffen im November zeigt Jobst den Kindern beispielsweise, warum man einen Fettbrand auf keinen Fall mit Wasser löschen sollte und wie schnell ein Adventskranz brennt.
Bei all der Begeisterung der Kinder bleibt der zweite Kommandant aber realistisch. „Wenn von zehn Kindern einer Aktiver wird, hat es sich gelohnt.“ Schließlich würden auch bei der Jugendfeuerwehr nur zehn bis 20 Prozent bei der Truppe landen. In dem Alter sei dann oft die Freundin wichtiger als die Feuerwehr, manche Jugendfeuerwehrleute müssen aber auch gehen, weil sie woanders eine Lehre beginnen oder studieren.
Kreisbrandrat Josef Kramhöller schaut mit Interesse auf das Reisbacher Projekt, doch auch er warnt: „Es ist narrisch viel Arbeit. Jede Feuerwehr muss es sich gut überlegen.“ Der KBR glaubt nicht, dass sich demnächst viele weitere Feuerwehren den Reisbachern anschließen werden. „Allzu viele werden’s wohl nicht.“
Bereits zwei Jahre Erfahrung mit einer Kindergruppe hat die Feuerwehr Aufhausen, die 2015 die erste Kinderfeuerwehr überhaupt im Landkreis gegründet hatte. „Wir haben heuer das erste Mal zwei Kinder in die Jugendfeuerwehr eingegliedert“, sagt Kommandant Markus Renner.